Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verpflichtet die Vollstreckungsgerichte, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 765a ZPO auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen. Eine unter Beachtung dieser Grundsätze vorgenommene Würdigung aller Umstände kann in besonders gelagerten Einzelfällen dazu führen, dass die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und – in absoluten Ausnahmefällen – auf unbestimmte Zeit einzustellen ist. (Rn. 19 Sätze 1 u. 2)
Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin beantragt im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens ihres Hausgrundstückes Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPOgem. & 765a ZPO. Die Fortführung des Versteigerungsverfahrens gefährde ihr Leben. Der Verlust ihres Hauses werde lebensbeendende Suizidhandlungen sehr wahrscheinlich machen. Das Vollstreckungsgericht lehnt eine einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung mit der Begründung ab, dass der Gefahr eines Suizids durch die zeitweilige Unterbringung vor Erteilung des Zuschlags begegnet werden könne.
Begründung: Zwar sei eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht notwendig, wenn der Gefahr der Selbsttötung durch geeignete Maßnahmen begegnet werden könne (Rn. 23). Allein der Verweis auf die Möglichkeit einer Unterbringung genüge dabei aber nicht. „Vielmehr hat das Vollstreckungsgericht sicherzustellen, dass die für eine Unterbringung nach polizeirechtlichen oder betreuungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Stellen Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Schuldners getroffen haben (Rn. 25).
BVerfG, Beschluss vom 15.05.2019 – 2 BvR 2425/18
Pressemitteilung BVerfG vom 23.05.2019
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