Die Verstrickung einer gepfändeten Forderung kann während des Restschuldbefreiungsverfahrens dadurch beseitigt werden, dass das Vollstreckungsgericht die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Entscheidung über die Restschuldbefreiung aussetzt, ohne die Pfändung insgesamt aufzuheben.
(Leitsatz des BGH aus IX ZB 10/21 – die folgenden Zitate stammen aus diesem Beschluss)
Problem: Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens laufen Schuldner*innen, deren Girokonto mit vor Verfahrenseröffnung erfolgten Kontopfändungen belastet sind, Gefahr, dass Guthaben an Insolvenzgläubiger*innen ausgekehrt werden. Bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung können sie sich davor mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Pfändungsbeschlüsse schützen. Nach Erteilung der Restschuldbefreiung sind die Pfändungen wieder vollziehbar.
Der Bundesgerichtshof führt mit zwei Entscheidungen seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2020 fort (siehe BGH, Beschluss vom 19. November 2020 – IX ZB 14/20). Der BGH hatte damals entschieden, dass die Vollziehung einer vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfolgten Pfändung eines Kontos während des eröffneten Verfahrens „ausgesetzt“ werden könne. Eine Aufhebung der Pfändung komme bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung wegen der Interessen der Pfändungsgläubiger an einer rangwahrenden Wirkung der Pfändung nicht in Betracht.
Diese Grundsätze überträgt der BGH nun mit Verweis auf das Vollstreckungsverbot des § 294 Abs. 1 InsO (Rn. 16) auf die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. „Die Aufhebung des Insolvenz-verfahrens ändert – wie schon seine Eröffnung – nichts an der Verstrickung der Forderung. Dem Schuldner ist ein Zugriff auf das Kontoguthaben erst möglich, wenn die Verstrickung beseitigt wird. Wurde die Pfändung der Forderung im Insolvenzverfahren nicht aufgehoben, bleibt die Forderung auch im Restschuldbefreiungsverfahren verstrickt. Wurde die Vollziehung der Pfändung dagegen bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens ausgesetzt, lebt die Verstrickung mit der Aufhebung des Verfahrens wieder auf“ (Rn. 18). Und ist die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Restschuldbefreiungsantrag des*der Schuldner*in ausgesetzt, „lebt die Verstrickung der gepfändeten Forderung mit dieser wieder auf“ (Rn. 22).
Ohne sich selbst zu positionieren sei laut BGH nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach „allgemeiner Meinung“ das Vollstreckungsgericht für die Aussetzung der Vollziehung zuständig (Rn. 12 f.).BGH, Beschluss vom 02.12.2021 – IX ZB 10/21; und:
BGH, Beschluss vom 02.12.2021 – IX ZB 11/21
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