Das EU-Parlament hat der mit der Kommission und den Mitgliedstaaten im Dezember 2022 abgestimmten Fassung einer neuen Verbraucherkreditrichtlinie am 12.09.2022 zugestimmt. Die Richtlinie wird nach dem noch ausstehenden Beschluss des Rates in Kraft treten, anschließend haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die erforderlichen Gesetze zu erlassen. Mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 könnte diese Frist noch eine besondere Rolle spielen. Im Folgenden sind daher einige Punkte der Richtlinie benannt, die auch für Beratung und Prävention sehr bald wichtig werden können:
- Menschen mit (möglichen) finanziellen Schwierigkeiten müssen unabhängige und leicht (auch sprachlich) zugängliche, wohnortnahe Schuldnerberatungsdienste zur Verfügung gestellt werden. Damit dürfte ein allgemeines Recht auf Schuldnerberatung vorgegeben sein. Für die Beratung dürfen „nur begrenzte Entgelte zu entrichten“ sein, die aber „keine unnötige Belastung“ darstellen sollen. Auch wenn das weniger als „kostenfrei“ bedeuten sollte: gewerbliche Dienste dürften immerhin von dieser Gewährleistung ausgeschlossen sein. (Art. 36 mit Art. 3 Nr. 22, Art. 16 Abs. 6 und Erwägung 81 EU-Verbraucherkreditrichtlinie 2023)
- Kreditgeber werden verpflichtet, Verbraucher*innen über konkrete Angebote der Schuldnerberatungsdienste zu informieren (schon im Kreditvertrag) und ggf. auf diese zu verweisen. (Artikel 21 Abs. 1 Buchst. x, Art. 25 Abs. 2, Art. 36 Abs. 2 u. 3 und Erwägung 63) Im Falle von Zahlungsproblemen werden Nachsichtsmaßnahmen vorgeschrieben; Verweise an die Schuldnerberatung sollen nach Möglichkeit erfolgen, bevor ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet wird. (Art. 35 und Erwägung 79, 80, 81)
- Um unverantwortliche Kreditpraktiken und Überschuldung zu verhindern, verlangt die Richtlinie vor Abschluss eines Kreditvertrags eine gründliche Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Verbraucher*innen. Gesundheitsdaten und Informationen aus sozialen Medien dürfen dabei nicht verwendet werden (Art. 18 und Erwägung 53 ff.)
- Für Krebsüberlebende, dies hebt das EU-Parlament hervor, wird ein „Recht auf Vergessen“ ihrer früheren Krankheit eingeführt. Damit soll der für einen Kredit eventuell notwendige Versicherungsabschluss möglich sein. (Art. 14 Abs. 4, Erwägung 48)
- Kreditwerbung unterliegt Beschränkungen und muss stets eine klare und prominente Warnung enthalten, dass das Geldleihen Geld kostet („Achtung! Kreditaufnahme kostet Geld“). „Buy Now, Pay Later“-Modelle werden reguliert, wenn ein (dritter) Kreditgeber beteiligt ist. Einbezogen in den Schutz der Richtlinie sind grundsätzlich auch Kleinkredite unter 200 Euro (Artikel 2, 7, 8, Erwägung 16, 17 u.a.)
- Zur Steigerung der Finanzkompetenz von Verbraucher*innen, insbesondere um ihnen eine „verantwortungsvolle Kreditaufnahme“ und ein verantwortungsvolles Schulden- und „allgemeines Haushaltsmanagement“ zu ermöglichen, sollen Maßnahmen zur finanziellen Bildung geschaffen und gefördert werden, wobei „einschlägige Interessenvertreter“ zu konsultieren sind. (Art. 34 mit
Erwägung 78)
Pressemitteilung des EU-Parlaments vom 12.09.2023 (en)
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. September 2023 zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkredite (de)
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