Übt der Schuldner eine vom Insolvenzverwalter freigegebene selbständige Tätigkeit tatsächlich aus, hat er die Gläubiger auch dann so zu stellen, als ob er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre, wenn er dem regulären Arbeitsmarkt wegen seines Alters, aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund besonderer berücksichtigungsfähiger Umstände nicht zur Verfügung steht oder stehen kann, sofern er aus der selbständigen Tätigkeit einen Gewinn erzielt.
Bei der Festlegung der Höhe des sich nach dem fiktiven Nettoeinkommen zu bestimmenden Abführungsbetrags ist bei einem Schuldner, von dem wegen seines Alters, aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund besonderer berücksichtigungsfähiger Umstände eine Erwerbstätigkeit nicht verlangt werden kann, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Schuldner überobligatorisch selbständig tätig ist.
(Leitsätze des BGH)
Laut Rechtsanwalt Kai Henning klärt diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine wichtige offene Frage zu den Abführungspflichten nach §§ 35 Abs. 2, 295 Abs. 2 alte Fassung InsO. „Die praktischen Auswirkungen für die betroffenen Schuldner dürften (…) gering sein. Die Entscheidung ist auf die 2020 geänderten §§ 35 Abs. 2, 295a Abs. 1 InsO uneingeschränkt anwendbar.“ Inso-Newsletter RA Henning Silvester 2023.
BGH, Urteil vom 12.10.2023 – IX ZR 162/22

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