Die befristete Einstellung der Zwangsvollstreckung kann auch mit Auflagen zu versehen sein, die die wirtschaftliche Verwertung des vom Schuldner bewohnten Grundstücks des Gläubigers sicherstellen. In Betracht kommen insbesondere Auflagen an den Schuldner zur Zahlung der im Zusammenhang mit der Nutzung geschuldeten Geldbeträge und auch zur Mitwirkung gegenüber Sozialbehörden, die Leistungen an den oder zu Gunsten des Gläubigers erbringen können. (Leitsatz des BGH) Sachverhalt: Der Schuldner macht gegenüber dem Amtsgericht im Rahmen seines Antrags auf Räumungsschutz vergeblich gesundheitliche Beeinträchtigungen geltend. Nach dem durch das Beschwerdegericht eingeholten neurologisch-psychiatrischen Gutachten verstärke die drohende Zwangsräumung alle psychischen Krankheitssymptome des Schuldners. Es bestehe konkrete, ernstzunehmende Suizidgefahr. Wie hoch die Gefahr eines Suizids im Fall eines Verlusts des Lebensmittelpunkts einzuschätzen sei, könne nicht eindeutig beantwortet werden. Jedoch sei sie größer als die Möglichkeit,
dass der Schuldner sich in einer solchen Situation für das Leben entscheide, also höher als 50 %. Das Beschwerdegericht hat gemäß
§ 765a ZPO die vorläufige Einstellung der Zwangsräumung für zwei Jahre angeordnet. Hiergegen wendet sich der Gläubiger.

Aus der Begründung des BGH: Eine Gefährdung des unter dem Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG stehenden Rechts des Schuldners auf Leben und körperliche Unversehrtheit kann im Vollstreckungsschutzverfahren nicht nur bei der konkreten Gefahr eines Suizids gegeben sein. Die Vollstreckung kann auch aus anderen Gründen eine konkrete Gefahr für das Leben des Schuldners begründen oder wegen schwerwiegender gesundheitlicher Risiken eine mit den guten Sitten unvereinbare Härte im Sinne von § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO darstellen. Einzubeziehen sind nicht nur die Gefahren für Leben und Gesundheit des Schuldners während des Räumungsvorgangs, sondern auch die Lebens- und Gesundheitsgefahren im Anschluss an die Zwangsräumung (Rn 15).

Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung sei allerdings nicht notwendig, wenn der Gefahr durch geeignete Maßnahmen begegnet werden kann (Rn. 19). Der staatliche Auftrag, das Leben des Schuldners zu schützen, könne „regelmäßig nicht auf unbegrenzte Zeit durch ein Vollstreckungsverbot“ eingelöst werden. Zum Schutz der Eigentumsrechte des Gläubigers seien daher Befristungen und Auflagenerteilungen geboten (Rn 20). Dem Schuldner sei es zuzumuten, „auf die Verbesserung seines Gesundheitszustands hinzuwirken und den Stand seiner Behandlung dem Vollstreckungsgericht nachzuweisen“ (Rn. 20).
Die befristete Einstellung der Zwangsvollstreckung könne auch mit „Auflagen zu versehen sein, die die wirtschaftliche Verwertung des vom Schuldner bewohnten Grundstücks des Gläubigers sicherstellen“. In Betracht kämen „insbesondere Auflagen an den Schuldner zur Zahlung der im Zusammenhang mit der Nutzung geschuldeten Geldbeträge (…) und auch zur Mitwirkung gegenüber Sozialbehörden, die Leistungen an oder zu Gunsten des Gläubigers erbringen könnten (RN 32).
BGH, Beschluss vom 26.10.2023 – 1 ZB 11/23
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