Auch wenn die Kosten der Unterkunft unangemessen hoch sind, kommt die Übernahme von Mietschulden als Darlehen dann in Betracht, wenn die Antragsteller die Differenz zwischen angemessener Miete und tatsächlicher Miete mit den Freibeträgen aus Erwerbstätigkeit decken können und eine Prognose ergibt, dass die Freibeträge in Zukunft auch tatsächlich zu diesem Zweck verwendet werden.
(1. Leitsatz des Gerichts)
Mietschulden werden normalerweise nach SGB II oder XII nur übernommen, wenn sich die Miete innerhalb der jeweiligen örtlichen Angemessenheitsgrenze bewegt. Das LSG BB hat hier entschieden, dass der Begriff der „gerechtfertigten Übernahme“
(§ 22 Absatz 8 SGB II; § 36 Absatz 1 SGB XII) weit auszulegen ist. Die darlehensweise Schuldenübernahme kann unter den im Leitsatz genannten Bedingungen auch gerechtfertigt sein, wenn die Kosten der Unterkunft unangemessen hoch sind. Allerdings schränkt das Gericht ein: Allein ein durch Umzug erforderlich werdender Schulwechsel der Kinder der Antragsteller sowie Folgekosten für Obdachlosigkeit könnten die Übernahme von Mietschulden nicht rechtfertigen. Nach: Thome-Newsletter 06/24
LSG BB, Beschluss vom 23.08.2023 – L 31 AS 627/23 B ER (rechtskräftig)

Anmerkung d. Red.: In dem Fall lehnte das LSG BB letztlich auch mangels einer begründeten Einschätzung der involvierten Sozialberatung über die Verlässlichkeit zukünftiger Mietzahlungen die Mietschuldenübernahme ab. Fundierte Budget- und Regulierungsplanungen der Schuldnerberatung könnten Entscheidungen über eine Mietschuldenübernahme positiv beeinflussen.

Das LSG NRW meint in einer Entscheidung aus 2019 mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 58/09 R, Rd. 26): Gerechtfertigt sei eine Schuldenübernahme nur dann, wenn die Kosten der zu sichernden Unterkunft in de Angemessenheitsgrenzen des § 22 Abs. 1 SGB II liegen. Denn der mit der Schuldenübernahme bezweckte langfristige
Erhalt der Wohnung könne nur dann gerechtfertigt sein, wenn die laufenden Kosten dem entsprechen, was vom Träger der Grundsicherung als angemessene Kosten der Unterkunft zu übernehmen ist. Ob eine andere Bewertung möglich ist, wenn Betroffene über zusätzliche Einkommen aus einem Erwerbstätigenfreibetrag verfügen, scheinen aber weder das LSG NRW noch das BSG bislang geprüft und entschieden zu haben. LSG NRW, Beschluss vom 16.04.2019 – L 2 AS 473/19 B ER u. a.
Weitere Entscheidungen: https://www.fbsb-nrw.de/, Stichwort „Mietschulden“